Stillen und arbeiten: So klappt es!
Arbeiten mit Baby, geht das denn? Natürlich! Eine gute Planung des Alltags ist hilfreich. Wenn Sie stillen, sind Sie zusätzlich über das Mutterschutzgesetz abgesichert. Trotzdem braucht es noch weitere Hilfestellungen, um das Arbeiten mit Baby gut zu bewältigen. Wir haben die besten Tipps für Sie zusammengestellt.
Mutterschutzgesetz
In Deutschland regelt das Mutterschutzgesetz, kurz MuSchG, bereits seit 1952 die Rechte von Schwangeren und Stillenden. Seit seiner Einführung wurde es mehrfach überarbeitet, die letzte Novellierung erfolgte 2018. Seitdem kommen neben Arbeiterinnen und Angestellten auch Auszubildende und Schülerinnen sowie Studentinnen in den Genuss der umfangreichen Schutzvorgaben. Das Ziel ist die Förderung des Stillens und ein umfassender Schutz von Schwangeren und stillenden Müttern.
Das MuSchG gilt allerdings nicht für Selbstständige und Beamtinnen. Erstere sind in der Pflicht, selbsttätig auf eine gefahrenfreie Umgebung für sich zu achten. Für Beamtinnen regelt der jeweilige Dienstherr auf Landes- oder Bundesebene die genauen Schutzregelungen in der Schwangerschaft und Stillzeit.
Arbeiten mit Baby: Ihre Rechte im MuSchG
Arbeiten mit Baby gelingt dann gut, wenn sich Mamas so wenigen körperlichen Belastungen und gefährlichen Situationen wie möglich aussetzen müssen. Das gilt ausdrücklich auch für die Zeit nach dem achtwöchigen Wochenbett. Deshalb gelten Verbote und Schutzvorschriften für stillende Mütter auch uneingeschränkt für die gesamte Stillzeit.
Wichtige Paragraphen | Regelung | Gültigkeit |
§ 3 MuSchG | Absolutes Beschäftigungsverbot in den ersten 8 Wochen nach der Geburt; 12 Wochen bei Früh-/ Mehrlingsgeburten oder wenn beim Neugeborenen eine Behinderung diagnostiziert worden ist. | Für alle Stillenden in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis; Auszubildende können auf eigenen Wunsch davon ausgenommen werden. |
§ 4-6 MuSchG | Max. Arbeitszeit: 8 ½ Stunden pro Tag / 90 h pro Doppelwoche / Mindestruhezeit von 11h nach jedem Arbeitstag; Verbot von Nachtarbeit (also zwischen 20 Uhr und 6 Uhr); Verbot von Akkord- und Feiertagsarbeit. | Gilt während der gesamten Stillzeit; kann auf Antrag der stillenden Mutter teilweise aufgehoben werden; Sonderregelungen für spezifische Gewerbe / Dienstleistungsbranchen vorhanden. |
§ 7 MuSchG | Recht auf bezahlte Stillzeiten und ärztliche Untersuchungen. | Gültig im ersten Lebensjahr des Babys; unbezahlte Stillzeiten können durch den Arbeitgeber weiterhin gewährt werden (Kulanz). |
§ 12 MuSchG | Verbot zum Umgang mit Gefahrenstoffen und gefährdenden Tätigkeiten. | Gültigkeit während der gesamten Stillzeit; kann auf Antrag der Stillenden teilweise aufgehoben werden. |
Zurück in den Beruf – Wiedereinstieg planen
Ob Sie ausschließlich für die Zeit des Mutterschutzes oder für einige Monate oder Jahre pausiert haben, in jedem Fall sind vor dem Arbeitsbeginn einige wichtige Fragen zu klären. Dazu gehört die Information des Arbeitgebers, dass Sie weiterhin stillen und die Schutzvorschriften aus dem Mutterschutzgesetz auf Sie anzuwenden sind.
Diese Punkte können bei der Vorbereitung helfen:
a. Was ist für meine Tätigkeit in der Stillzeit zu beachten?
b. Welche gesetzlichen Regelungen müssen beachtet werden?
c. Sind eventuell Änderungen am Dienstplan / Einsatzort oder der Tätigkeit vorzunehmen?
Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. Anhand dieser Beurteilung wird dann entschieden, ob Sie ohne Einschränkungen arbeiten können oder bestimmte Tätigkeiten ausgeklammert werden müssen.
Stillzeiten
Im Mutterschutzgesetz verankert ist das Recht auf bezahlte Stillzeiten. Das bedeutet: Sie erhalten die zum Stillen benötigte Zeit vom Arbeitgeber bezahlt, mindestens
- zweimal täglich 30 Minuten bzw. einmal täglich 60 Minuten oder
- zweimal täglich 45 Minuten bzw. einmal täglich 90 Minuten bei einer zusammenhängenden Arbeitszeit von mehr als 8 Stunden.
Diese bezahlten Stillzeiten dürfen nicht nachgearbeitet und müssen am Stück gewährt werden. Sie können die Stillzeiten gemeinsam mit Ihrem Arbeitgeber flexibel planen, um beispielsweise durch geregelte Pumpzeiten in der Arbeitszeit die Gefahr eines Milchstaus zu reduzieren. Alternativ ist es auch möglich, die Stillzeiten an den Beginn oder an das Ende der regulären Arbeitszeit zu legen.
Die bezahlten Stillzeiten sind auf die ersten zwölf Lebensmonate des Babys begrenzt. Ihr Arbeitgeber kann sie trotzdem einplanen, muss sie aber nicht verpflichtend bezahlen. Einige Arbeitgeber verlangen dazu eine Bestätigung, dass Sie wirklich stillen. Ihre Frauenärztin kann ein entsprechendes Attest bei Bedarf ausstellen.
Beschäftigungsverbot
Das Beschäftigungsverbot in der Stillzeit wird nur nach eingehender Prüfung durch den für den Arbeitsschutz zuständigen Verantwortlichen bei Ihrem Arbeitgeber ausgesprochen. Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet
- eine Gefährdungsbeurteilung all Ihrer Tätigkeiten und Ihres Arbeitsplatzes durchzuführen,
- zu prüfen, ob und wenn ja, wie sich gefährdende Tätigkeiten oder Arbeitsplatzbedingungen für die Stillzeit vermeiden lassen und
- Ihnen nach Möglichkeit (bei Bedarf) eine Ersatztätigkeit oder einen Ersatzarbeitsplatz anzubieten, der keine Gefährdung darstellt.
Erst wenn alle diese Punkte nicht erfüllt werden können, darf und sollte ein Still-Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Das gilt dann für die gesamte Dauer der Stillzeit, sofern sich an den weiteren Bedingungen, wie Arbeitsplatz, Einsatzort oder Tätigkeiten, nichts ändert.
Das Beschäftigungsverbot wird über eine Umlage der Krankenkassen finanziert. Das bedeutet: Sie erhalten Ihr volles Gehalt und Ihr Arbeitgeber bekommt die Lohnkosten über die Umlage erstattet. Laut Mutterschutzgesetz darf eine Stillende keinen finanziellen Nachteil erleiden, weil sie stillt – auch dann nicht, wenn beispielsweise Nachtdienste mit Zuschlägen ausfallen oder die zugewiesene Ersatztätigkeit eigentlich schlechter bezahlt werden würde.
Wichtig: Es gibt kein generelles Beschäftigungsverbot für spezifische Berufe. Die Gefährdungsbeurteilung muss immer individuell erfolgen. Kann der Arbeitsplatz nicht stillfreundlich gestaltet werden oder sind Arbeitsschritte mit Gefährdungseinstufung unabdingbar notwendig? Erst dann greift auch das Beschäftigungsverbot. Das betrifft häufig Tätigkeiten im Rettungsdienst, in der Pflege und in weiteren medizinischen Berufen sowie in Industrie und Handwerk. Häufig sind alternativlose Schichtpläne und schwere körperliche Tätigkeiten ausschlaggebend für die Erteilung eines Beschäftigungsverbots
Stillen am Arbeitsplatz gut organisieren
Die Mehrheit der Mütter in Deutschland entscheidet sich für eine Elternzeit von mindestens zehn bis zwölf Monaten. Häufig sind bis dahin auch die meisten Stillmahlzeiten mit Beikost und Mahlzeiten am Familientisch ersetzt und der Säugling trinkt überwiegend zum Einschlafen oder nachts.
Einige Mütter starten vor dem ersten Geburtstag ihres Babys im Job, teilweise direkt nach dem achtwöchigen Mutterschutz, teilweise nach einigen Monaten. Dann wird das Baby voll oder zumindest noch sehr häufig gestillt. Die Organisation der Kinderbetreuung des Stillkindes nimmt dann einen großen Raum bei der Planung des Wiedereinstiegs ein
Weiterstillen oder nicht?
Oft wird erwartet, dass Mamas bis zum Arbeitsbeginn abgestillt haben. Dabei ist das gar nicht zwingend notwendig! Ganz im Gegenteil, das Weiterstillen bringt deutliche Vorteile mit sich.
Vorteile des Stillens trotz Berufstätigkeit:
- Gestillte Babys und Kleinkinder sind im Durchschnitt seltener krank, was die Zahl der
- (Kinder-) Krankentage und Ausfallzeiten reduzieren kann.
- Muttermilch versorgt Babys und Kleinkinder optimal – zu jedem Zeitpunkt. Insbesondere nach dem 1. Geburtstag liefert Muttermilch wertvolle Abwehrstoffe für die Immunabwehr Ihres Lieblings.
- Stillen stärkt die Bindung und schenkt Ihrem Baby zusätzliche Nähe und Geborgenheit. Auch wenn sich der Alltag durch die arbeitsbedingte Abwesenheit der Mama oder den Start der außerhäuslichen Kinderbetreuung ändert, das vertraute und geliebte Stillen bleibt Ihnen beiden erhalten.
Stillen und Berufstätigkeit vereinbaren
Bei Säuglingen unter einem Jahr stellt sich die Frage oft nicht, ob Abstillen die geschicktere Lösung wäre. Ihr Baby ist noch klein und auf Muttermilch beziehungsweise eine adäquate Muttermilchersatznahrung angewiesen. Spätestens mit Beginn der Beikost reduziert sich der Anteil der benötigten Milchmenge sowieso, die Anzahl der Stillmahlzeiten sinkt.
Im ersten Jahr entscheiden sich Stillende meist zu einer von diesen Optionen:
- Das Baby mit zur Arbeit nehmen und bei Bedarf stillen.
- Das Baby zur Arbeit gebracht bekommen und am Arbeitsplatz während der Stillzeiten stillen.
- Die Stillzeiten an den Anfang oder an das Ende der regulären Arbeitszeit legen, um die Abwesenheitszeiten vom Baby zu reduzieren.
- Auf der Arbeit und/oder daheim abpumpen und das Baby von Papa oder anderen Betreuungspersonen mit der abgepumpten Milch füttern lassen.
- Daheim das Baby stillen und bei Abwesenheit Muttermilchersatzprodukte durch Betreuungspersonen füttern lassen, ohne extra abzupumpen.
Bei Kleinkindern genügt es meist, wenn Sie vor und nach der Arbeit stillen. Die Abwesenheitszeiten lassen sich mit einem Jahr und darüber hinaus in der Regel gut durch geeignete Beikost beziehungsweise Familienkost überbrücken.
Auch das Angebot ergänzender Milchnahrung hat sich für einige Familien bewährt – dann wird das Kleinkind zwiemilchernährt: Muttermilch, wenn Mama daheim ist und Milchnahrung, wenn Mama arbeiten ist.
Abpumpen und Muttermilch füttern
Babys im ersten Jahr sind auf Milchnahrung angewiesen. Abpumpen ist deshalb meist notwendig, damit Ihr Baby während Ihrer Arbeitszeit optimal versorgt werden kann.
Bewährt haben sich hier folgende Tipps:
- gute Pumpe anschaffen, vorzugsweise elektrisch und mit einem Doppelpumpset
- Abpumpen mit etwas Vorlauf zum Arbeitsbeginn üben und gleichzeitig einen kleinen Vorrat an Muttermilch einfrieren
- mit den Zuständigen im Unternehmen besprechen, welche Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, ob es Kühl- oder andere Aufbewahrungsmöglichkeiten sowie eine Möglichkeit zum Reinigen der Pumpe gibt
Die Routine beim Abpumpen entsteht durch Übung. Anfangs kann es helfen, wenn Sie dabei ein Bild Ihres kleinen Lieblings anschauen und zusätzlich mit leicht kreisenden Bewegungen die Brust in Richtung Brustwarze massieren und ganz bewusst tief und ruhig atmen.
Für einige Stillende haben sich spezielle Pump-BHs bewährt, um im Arbeitsalltag bequem abzupumpen. Andere entscheiden sich nach einiger Zeit dazu, das Abpumpen auf arbeitsfreie Zeiten zu beschränken oder ganz damit aufzuhören.
Die auf der Arbeit gewonnene Muttermilch kann wahlweise im Kühlschrank oder in kleinen Kühlbehältern aufbewahrt werden, um am nächsten Tag verfüttert zu werden. Bei hohen Temperaturen oder längeren Arbeitstagen kann es auch sinnvoll sein, die abgepumpte Muttermilch direkt einzufrieren.
Wie sich die Muttermilchgewinnung in Ihren Alltag einbauen lässt, ist sehr individuell. Am besten ist aber, wenn Sie sich mit anderen berufstätigen stillenden Mamas über ihre Erfahrungen austauschen, beispielsweise in einer Stillgruppe vor Ort oder online im HiPP Mein BabyClub.
Das tut jetzt gut
Tipps für die Mama
Organisation ist beim Arbeiten mit Baby alles. Verbindliche Zusagen des Arbeitgebers und Ihrer Vorgesetzten können dabei helfen, das Stillen und den Job gut zu bewältigen. Auch der Austausch mit anderen erwerbstätigen Stillenden ist hilfreich, um sich den Rücken zu stärken.
Solange Sie stillen, ist aber auch ein anderer Punkt sehr wichtig: Pausen. Achten Sie deshalb gut auf Ihre individuellen Energiereserven und planen Sie bewusst Zeit zur Erholung und zur Entspannung mit ein – ohne Baby, Kleinkind oder anderweitige Verpflichtungen, wie Haushalt oder Besorgungen.
Einige Babys tanken nach der Rückkehr aus der Kita besonders gern „Mama-Nähe“ auf. Wenn Ihr kleiner Schatz eines dieser Babys ist, dann sind bewusste gemeinsame Kuschelrunden nach dem Nachhausekommen bestimmt eine gute Idee. Füße hoch, Baby andocken und gut durchatmen!
Einige Wirbelwinde sind tagsüber gar nicht so sehr am Stillen interessiert, selbst wenn Mama daheim ist. Stattdessen füllen sie ihren Mama-Speicher nachts auf, indem sie vor allem in der Nacht gestillt werden wollen. Denken Sie daran: Generell helfen die beim Stillen ausgeschütteten Hormone dabei, schneller wieder einzuschlafen. Wenn Sie die Schlafsituation beispielsweise mit einem Familienbett oder mit Co-Sleeping lösen, sind die Nächte weniger anstrengend – und Sie sind am nächsten Tag fit für den Job.
Alternativ hat es sich in einigen Familien bewährt, dass die- oder derjenige mit dem größten Schlafdefizit für einige Tage aus dem Schlafzimmer auszieht, um ungestört im Gästezimmer oder auf der Couch durchzuschlafen.
Tipps für den Papa
Die größte Hilfe für die arbeitende Partnerin ist …? Genau! Ein Partner, der ihr den Rücken stärkt, zuhört und bei Bedarf organisatorisch unterstützt. Die Doppelfunktion als Arbeitende und als Stillende kann viel Kraft fordern.
Als aufmerksamer Partner können Sie für kraftspendende leckere Gerichte sorgen und bei Bedenken oder Ängsten in Bezug auf Herausforderungen im Job gut zuhören.
Vielleicht ist es auch Ihr Part, den Säugling mit Muttermilch oder Muttermilchersatznahrung zu füttern oder Ihr Baby zum Stillen zu Ihrer Liebsten zu fahren. Auch hier gilt: Organisation ist alles! Wichtig sind gemeinsame Absprachen darüber, wie Ihr kleiner Schatz gefüttert wird, beispielsweise mit stillfreundlichen Alternativen zur Flasche. Bei einem voll gestillten Baby kann es in der ersten Zeit auch hilfreich sein, das Füttern ohne Mama vor dem Wiedereinstieg in den Beruf zu üben. Testen Sie aus, was für Sie in Ihrer Elternzeit funktioniert und wie sich der Alltag mit Baby entwickelt, während Ihre Partnerin arbeiten ist.