Abstillen: Wann und wie Sie abstillen können
Wie lange darf oder soll eine Mutter stillen? Bei diesem Thema möchten alle mitreden – Familienangehörige genauso wie Arbeitskolleginnen oder die Mutter-Kind-Gruppenleiterin. Den perfekten Zeitpunkt gibt es nicht. Jede Mutter darf für sich selbst entscheiden, wann sie bereit ist, abzustillen. Das Wichtigste dabei ist, dass Sie sich mit der Entscheidung gut und sicher fühlen.
Erfahren Sie mehr über typische Gründe zum Abstillen, hilfreiche Tipps zum schnellen oder langsamen Abstillen und wie Sie am besten mit dieser emotional herausfordernden Situation umgehen.
Gründe fürs Abstillen
Manchen Müttern fällt es leicht, anderen schwer. Manche Babys nehmen ohne zu zögern Alternativen wie Beikost und Flasche an, andere verweigern alles. Und manchmal fühlt es sich auch so an, als wäre das Abstillen nötig, um andere Themen wie essen, schlafen oder arbeiten gehen besser in den Griff zu bekommen.
Typische Gründe, die dem Abstillen vorausgehen:
- Start der Beikost
- Arbeitsbeginn und Beginn der Betreuung
- Hoffnung auf besseres Schlaf- oder Essverhalten
- Hoffnung auf leichtere Trennungssituationen
- mehr Freiraum für die Mutter
- erneute Schwangerschaft
- Krankheiten der Mutter oder des Kindes, die mit dem Stillen unvereinbar sind
- medizinische oder therapeutische Behandlungen, die mit dem Stillen unvereinbar sind
Es gibt viele Gründe, die dem Abstillen vorausgehen - diese sind sehr individuell und von Mutter zu Mutter unterschiedlich. Das Wichtigste ist, dass die Mutter die Entscheidung trifft und sich damit wohl fühlt. Manchmal werden Mütter zum Abstillen gedrängt, ohne selbst dazu bereit zu sein. Teils wird auch aus Unwissenheit über bestehende Mutterschutzrechte oder medizinische Möglichkeiten zum Abstillen geraten. An dieser Stelle deshalb nur kurz: Stillen und Arbeiten schließen sich nicht aus. Ganz im Gegenteil – mit einer guten Unterstützung kann das prima gelingen.
Der Wunsch nach mehr Freiraum, besserem Schlaf oder einem gesünderen Appetit beim Beikost-Start ist verständlich. Tatsächlich gibt es aber keine Garantie, ob das Abstillen tatsächlich zu einem besseren Schlaf beiträgt. Oft ist es sogar schwieriger als vorher, ein unruhiges Baby nachts in den Schlaf zu begleiten.
Stehen die Gründe fürs Abstillen fest und sind Sie sich sicher? Das ist die beste Ausgangslage, um zu starten. Babys und Kleinkinder haben sehr feine Antennen und reagieren auf Unsicherheiten von Erwachsenen mit Unruhe, Tränen und auch Wut. Das verstärkt wiederum die Unsicherheit der Mutter und erschwert den Abstillprozess. Sind Sie sich selbst sicher in der Entscheidung zum Abstillen, kann das das Abstillen deutlich erleichtern.
Bindung stärken nach dem Abstillen
Ein schnelles, durch äußere Umstände nötiges Abstillen kann für Mutter und Kind sehr belastend sein – eine emotionale Achterbahn für alle Beteiligten, die sich nur langsam wieder beruhigt. Auch die Umstellung auf andere Nahrung kann bei Ihrem Baby andauern, Bauchweh und Unruhe sind typische Begleiterscheinungen.
Nehmen Sie sich bewusst Zeit dafür, das letzte Stillen zu genießen, und verabschieden Sie sich gemeinsam davon. Für manche Frauen ist ein letztes Stillbild wichtig, andere notieren sich das Abstilldatum im Babyalbum oder schreiben Ihrem Stillkind einen Brief. Finden Sie ein Ritual für sich, das Ihrem Bedürfnis nach Abschied entspricht.
Ihr Baby darf wütend sein und seine Frustration darüber auch zeigen, wenn es sich vom lieb gewonnenen Stillen verabschieden muss. Ebenso dürfen Sie selbst sich ärgern oder traurig sein, wenn Sie ungewollt abstillen müssen. Lassen Sie sich vom Umfeld nicht einreden, Ihre Gefühle hätten keinen Raum oder dass Sie froh sein sollten, Ihr Baby ansonsten gut versorgt sehen zu dürfen.
Das gilt selbstverständlich auch in die andere Richtung: Wenn Sie abstillen und sich über diesen Schritt freuen, lassen Sie sich vom Umfeld kein schlechtes Gewissen einreden. Sie entscheiden darüber, wie lange Sie stillen möchten.
Die enge emotionale und auch körperliche Bindung ans Kind hebt sich durch das Abstillen nicht plötzlich auf. Denn Bindung entsteht vor allem durch innige Nähe und Geborgenheit, durch Aufmerksamkeit und ein gutes Gespür für die Bedürfnisse des Gegenübers. Auch wenn Sie nicht mehr stillen, können und werden Sie Ihrem Kind all das weiterhin geben. Gemeinsames Baden, reichlich Haut-an-Hautkontakt und regelmäßiges Tragen, beispielsweise mit Tragehilfen oder Tragetüchern, stärkt das Band zwischen Ihnen und Ihrem Kind.
Perfekter Zeitpunkt zum Abstillen
Den Zeitpunkt zum Abstillen bestimmen Sie und Ihr Baby. Einen festen Zeitpunkt zum Abstillen gibt es nicht. Manche Kinder wollen länger gestillt werden, als die Mutter dies vorhat. Aber auch die persönlichen Bedürfnisse sollten hier den Ausschlag geben.
Die so genannte "Beikost" braucht Ihr Baby zur Milch frühestens nach dem vierten Monat und spätestens mit Beginn des siebten Monats für sein Wachstum. Schrittweise wird eine Stillmahlzeit durch einen Brei ersetzt. Ein solches Vorgehen ist die natürlichste Art des Abstillens.
Im Grunde beginnt also mit dem ersten Bissen und dem ersten Löffel Beikost bereits der Abstillprozess. Der perfekte Zeitpunkt wäre also nach dem sechsten Monat, indem neben der Beikost weiterhin gestillt wird. Gemächlich wird dann eine Stillmahlzeit nach der anderen mit Beikost ergänzt. Das kann schnell passieren oder auch länger dauern. In manchen Familien werden die Mahlzeiten sehr strikt ersetzt, in anderen wird neben der Beikost so lange und gern weitergestillt, wie es sich für alle Beteiligten gut anfühlt. Möglich sind beide Wege.
Stellen Sie sich ganz bewusst diese Frage: Passt es gerade für uns? Fühlt es sich richtig an, jetzt abzustillen?
Es gibt durchaus einige Situationen im Leben mit Stillkindern, die sich weniger gut eignen:
- in sogenannten Wachstums- und Entwicklungszeiträumen
- während starker persönlicher Umstellungen nach einer Trennung
- bei Krippenstart oder während der Eingewöhnung bei Tagespflegepersonen
- bei Infekten und in Krankheitsphasen
- während des Zahnens
Wie gelingt das Abstillen?
In manchen Situationen ist ein schnelles, sofortiges Abstillen nötig. Meistens ist aber etwas mehr Zeit vorhanden, sodass ein sanftes und langsames Abstillen möglich ist.
Schnelles Abstillen | Langsames Abstillen | |
Dauer | Binnen weniger Tage | Meist über mehrere Wochen oder Monate hinweg |
Wirkung auf die Mama | Gefahr von Milchstau und Brustentzündung | Langsame Reduktion der Milchmenge kann entlastend wirken |
Wirkung auf das Kind | Frustration, Tränen und Umstellungsschwierigkeiten (Darm, Verdauung) können beispielsweise vorkommen | Langsame, den Darm und die Verdauung schonende Umstellung auf feste Kost bzw. Muttermilchersatznahrung |
Hilfsmittel | Abstilltabletten sind nur in den ersten Wochen nach Stillstart wirksam; Salbeitee, Kühlung der Brust, Reduzierung der Stilldauer und moderates „Einbinden“ können bei der Reduzierung der Milchmenge unterstützend wirken | Es bedarf meist keiner Hilfsmittel |
Im klassischen Beikost-Fahrplan ist der zügige Ersatz von Stillmahlzeiten durch Beikost und Muttermilchersatznahrung vorgesehen. Auch hier gilt natürlich: Passt das für Sie und Ihr Stillkind? Dann können Sie diese Beispielpläne für sich anwenden.
Geht es Ihnen zu schnell? Dann ersetzen Sie keine Mahlzeiten in dichter Folge, sondern stillen begleitend zur Beikost weiter. Bieten Sie bei Bedarf die Brust an, wenn Ihr Baby nach einigen Löffeln Brei unruhig wird, oder stillen Sie einige Schlucke vorab, damit Ihr Stillkind sich entspannt mit neuen Lebensmitteln beschäftigen kann. Die Stillmahlzeiten werden sich im Laufe der Zeit ganz von allein reduzieren.
Wenn es eilt: Abstillen nach der Geburt
Primäres Abstillen
Beim primären Abstillen wird in der Regel nach der Geburt gar nicht angelegt bzw. nur im Kreissaal, sodass das Neugeborene das reichhaltige Kolostrum, die Vormilch, erhält. Trotzdem stellt sich der Körper der frischgebackenen Mamis auf das Stillen ein. In Kliniken wird die Milchproduktion in der Regel mittels Medikamenten (Abstilltabletten) unterbrochen. Wird das Baby weiterhin nicht angelegt bzw. keine Milch durch Ausstreichen oder Pumpen entnommen, stellt der Körper die Milchbildung ein.
Die Abstilltabletten werden in der Regel gut vertragen. Lassen Sie sich dennoch bezüglich den Nebenwirkungen von Ihrer betreuenden Hebamme und den Ärzten in der Klinik ausführlich beraten.
Der sogenannte Milcheinschuss tritt trotzdem ein, meist am dritten Tag nach der Geburt. Für die meisten Stillenden ist es sehr angenehm, die Brust zu diesem Zeitpunkt gut zu kühlen. Kühlpads, kühle Kohlblätter oder Quark-Auflagen werden dafür in der Regel genutzt.
Sekundäres Abstillen
Beim sekundären Abstillen haben Sie Ihr Baby bereits angelegt oder begonnen zu pumpen, entscheiden sich aber nach einigen Tagen oder Wochen gegen das Stillen.
Die Anwendung von abstillenden Medikamenten ist zu diesem Zeitpunkt nicht unumstritten, die Nebenwirkungen sind teils deutlich spürbarer als beim primären Abstillen. Deshalb ist es oft ratsam, konventionell abzustillen:
- Brust kühlen und festen Halt (BH, feste Tops, Sport-Bustiers) bieten
- täglich zwei bis drei Tassen Salbei-, Pfefferminz- oder Abstilltee trinken
- anfangs die Zeitintervalle des Stillens strecken und die Stilldauer reduzieren (Plötzliches Aufhören führt zum Milchstau)
- gegen Ende ausstreichen oder pumpen, wenn die Brüste sich übervoll anfühlen.
Im besten Fall haben Sie zum Abstillen zumindest etwas Zeit und können alle drei bis vier Tage eine Stillmahlzeit mit Muttermilchersatznahrung ersetzen. So kann sich die Milchproduktion langsam, aber stetig reduzieren und Sie sowie Ihr Baby haben Gelegenheit, sich aufs finale Abstillen vorzubereiten.
Wenn Sie abrupt, das heißt ohne Vorlauf binnen sehr kurzer Zeit abstillen müssen, achten Sie insbesondere auf die Anzeichen eines Milchstaus: Verhärtete Stellen und Rötungen sowie Hitzegefühle in der Brust sind sichtbare Zeichen. Sollte das der Fall sein, dann nehmen Sie bitte direkt Kontakt zu Ihrer Hebamme oder Arzt/Ärztin auf. Die Brust sollte dann so weit entleert werden, dass sich die Verhärtungen lösen. Bei Anzeichen von Fieber oder Schüttelfrost suchen Sie bitte sofort einen Arzt oder Hebamme auf. Denn dann entwickelt sich der Milchstau zur Brustentzündung weiter, die dringend medizinisch behandelt werden sollte.
Die plötzliche Hormonumstellung führt außerdem zu teils starken Stimmungsumschwüngen oder Haarausfall. Halten die negativen Emotionen zu lange an oder sind sie, im Vergleich zu Ihrem üblichen Charakter, ungewöhnlich negativ? Dann sprechen Sie vertrauensvoll einen Arzt oder eine Ärztin an.
Manche Babys reagieren nicht sehr glücklich auf ein schnelles Abstillen, teils verweigern sie die Flasche bzw. jede andere Form von Muttermilchersatznahrung.