Wissenschaftliches Interview - häufige Fragen aus der Hautarztpraxis
Beantwortet durch Dr. med. Christina Schnopp
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der TU München
1. Frage - Was ist das Besondere an Baby-Haut?
Kann ich für mein Baby auch normale Pflegeprodukte verwenden oder benötigt Babyhaut eine besondere Pflege? Antwort lesen ...
2. Frage - Wie oft soll ich mein Baby baden?
Ist klares Wasser ausreichend oder benötige ich einen Badezusatz? Antwort lesen ...
3. Frage - Wann muss ich mein Baby eincremen?
Welche Creme für welche Gelegenheiten (Windeln, Spaziergang, nach dem Baden)? Antwort lesen ...
4. Frage - Wie kann man einen wunden Po vorbeugen?
Am wichtigsten sind allgemeine Maßnahmen wie häufige Windelwechsel, sanfte Reinigung von Stuhlresten. Antwort lesen ...
5. Frage - Wie erkenne ich trockene Haut?
Wie erkenne ich Neurodermitis? Was kann ich tun? Antwort lesen ...
Frage 1: Was ist das Besondere an Baby-Haut? Kann ich für mein Baby auch normale Pflegeprodukte verwenden oder benötigt Babyhaut eine besondere Pflege?
Gesunde Babys kommen bereits mit einer relativ gut entwickelten Haut zur Welt. Allerdings sind die Oberhaut und insbesondere die Hornschicht, die als äußerste Hülle eine wichtige Rolle für die Barrierefunktion spielt, in den ersten Monaten noch dünner als beim Erwachsenen1,2.Die Hautzellen sind kleiner und teilen sich rascher2, Schweiß- und Talgdrüsen sind noch nicht voll entwickelt3, somit funktioniert z.B. das Schwitzen noch nicht richtig und der Fettgehalt der Hornschicht ist niedriger2.
Diese strukturellen Unterschiede können die Durchlässigkeit der Babyhaut erhöhen. So variiert der transepidermale Wasserverlust („transepidermal“ durch die Oberhaut) als Maß für die Barrierefunktion der Haut bei Kindern im ersten Lebensjahr stark (die Haut ist zumindest zeitweise „weniger dicht“). Die Ausbildung der Barrierefunktion der Haut dauert mindestens bis zum Ende des 1. Lebensjahr des Babys an.
Babyhaut kann im Vergleich mit Erwachsenenhaut in kürzerer Zeit mehr Wasser aufnehmen, gibt dieses aber auch schneller wieder ab. Ein Grund hierfür könnte der geringere Gehalt an natürlichen Feuchthaltefaktoren in der obersten Hautschicht bei Babys im ersten Lebensjahr sein4. Parallel zum höheren Wassergehalt in den obersten Hautschichten findet man bei Babys ein stärkeres (Mikro-)Hautrelief, was das Verhältnis der Hautoberfläche zu Körpervolumen weiter erhöht.
In den ersten Lebenstagen muss sich die Babyhaut an den Wechsel von einem feuchten Milieu zu einem trockenen Milieu anpassen. Dabei verliert das Neugeborene die Käseschmiere, eine Mischung aus Fetten und abgestorbenen Hautzellen, die im Mutterleib als Schutzschicht diente. Ab der zweiten Lebenswoche steigt der Wassergehalt der obersten Hautschicht dann rasch an.
Der pH-Wert auf der Haut liegt bei Neugeborenen im neutralen Bereich (möglicherweise wegen des leicht alkalischen Fruchtwassers), in den ersten Lebenstagen fällt er ab, ohne dass die Werte von Erwachsenen im Sinne eines „Säureschutzmantels“ ganz erreicht werden5. Der höhere pH-Wert beeinflusst verschiedene Enzyme, die der Aufrechterhaltung der Barrierefunktion dienen, ungünstig, was insbesondere im Windelbereich Irritationen verstärken kann.
Daraus ergeben sich besondere Anforderungen an Pflegeprodukte für Babys: Da die Haut potentiell durchlässiger ist und das Verhältnis von Körperoberfläche zu Gewicht viel höher als beim Erwachsenen müssen die Inhaltsstoffe von Babypflegeprodukten vor allem unbedenklich sein. Daneben sollte alles vermieden werden, was die Hautbarriere schädigen oder ihre Ausreifung behindern könnte, z.B. durch Veränderungen des pH-Werts oder Herauslösen von Hautfetten.
Beispielsweise greifen traditionelle Seifen am Stück (alkalisch) die Hautfette an und sind daher für Babys nicht geeignet.
1) Evans NJ, Rutter N. Development of the epidermis in the newborn. Biol Neonate 1986; 49: 74-80.
2) Stamatas GN, Nikolovski J, Luedtke MA et al. Infant skin microstructure assessed in vivo differs from adult skin in organization and at the cellular level. Pediatr Dermatol 2010; 27: 125-31.
3) Agache P, Blanc D, Barrand C et al. Sebum levels during the first year of life. Br J Dermatol 1980; 103: 643-9.
4) Nikolovski J, Stamatas GN, Kollias N et al. Barrier function and water-holding and transport properties of infant stratum corneum are different from adult and continue to develop through the first year of life. J Invest Dermatol 2008; 128: 1728-36.
5) Stamatas GN, Nikolovski J, Mack MC et al. Infant skin physiology and development during the first years of life: a review of recent findings based on in vivo studies. Int J Cosmet Sci 2011; 33: 17-24.
Frage 2: Wie oft soll ich mein Baby baden? Ist klares Wasser ausreichend oder benötige ich einen Badezusatz?
Die Bade- und Waschgewohnheiten für Säuglinge unterscheiden sich in verschiedenen Ländern sehr stark. So ist beispielsweise in Frankreich tägliches Baden ab dem frühen Säuglingsalter Pflicht, während in Deutschland eher Katzenwäsche angesagt ist.
Kürzlich wurden die Effekte von 2mal wöchentlichem Baden gegenüber Waschen mit dem Waschlappen, jeweils mit klarem Wasser, bei Säuglingen vom 7. Lebenstag über 4 Wochen wissenschaftlich untersucht6. Dabei zeigten sich nur geringe Unterschiede zwischen den beiden Reinigungsprozeduren, wobei die Messwerte für die Hautbarrierefunktion im Windelbereich bei den gebadeten Kindern etwas besser waren.
Das wöchentlich zweimalige Baden kann somit empfohlen werden.
Wichtig ist dabei die richtige Wasser- und Raumtemperatur. Das Wasser sollte zwischen 36 und 38 Grad Celsius warm sein (entspricht der Körpertemperatur) und das Badezimmer angenehme 23-25 Grad. In den ersten Monaten sollten die Kinder nicht länger als 5-7 Minuten baden. Bei Neugeborenen ist außerdem der Abheilungszustand des Nabels zu berücksichtigen. Fragen Sie hierzu am besten Ihre Hebamme.
Ein Badezusatz kann zur leichteren Reinigung oder mit dem Ziel, Hautirritationen zu minimieren, sinnvoll sein. Zu beachten ist, dass auch Baden in klarem Wasser die Hautbarriere zumindest vorübergehend angreift. Ideale Waschlösungen und Badezusätze für Kinder reinigen die Haut sanft, sind pH-neutral oder leicht sauer, um den Säureschutzmantel zu erhalten und irritieren nicht bei Kontakt mit den Augen7.
Unter der Anwendung geeigneter Badezusätze zeigten sich in einer Untersuchung über 8 Wochen keine negativen Einflüsse auf die Hautfunktion, einige Messwerte waren sogar besser als in der Gruppe der Kinder, die ausschließlich mit klarem Wasser gereinigt wurden8.
Ein geeigneter Badezusatz kann somit empfohlen werden.
6) Garcia Bartels N, Mleczko A, Schink T et al. Influence of bathing or washing on skin barrier function in newborns during the first four weeks of life. Skin Pharmacol Physiol 2009; 22: 248-57.
7) Blume-Peytavi U, Cork MJ, Faergemann J et al. Bathing and cleansing in newborns from day 1 to first year of life: recommendations from a European round table meeting. J Eur Acad Dermatol Venereol 2009; 23: 751-9.
8) Garcia Bartels N, Scheufele R, Prosch F et al. Effect of standardized skin care regimens on neonatal skin barrier function in different body areas. Pediatr Dermatol 2010; 27: 1-8.
Frage 3: Wann muss ich mein Baby eincremen? Welche Creme für welche Gelegenheiten (Windeln, Spaziergang, nach dem Baden)?
Generelle Empfehlungen zum Eincremen von Babys sind schwierig, bei den meisten Kindern ist regelmäßiges Eincremen nicht notwendig. Bei Kindern, die trockene Haut haben, kann regelmäßiges Eincremen jedoch die Hautbarrierefunktion verbessern. Eine amerikanische Pilotstudie deutet sogar darauf hin, dass sich dadurch bei genetisch besonders vorbelasteten Kindern das Neurodermitisrisiko reduzieren lässt9.
Daneben kann die Verwendung einer Hautpflegecreme bei sehr trockener Luft (Heizungsluft im Winter), häufigem Baden oder an besonders belasteten Stellen (um den Schnullermund, Hände,...) sinnvoll sein.
Unabhängig vom Hauttyp sollte das Gesicht bei niedrigen Temperaturen mit einer sehr fetthaltigen Creme vor der Kälte geschützt werden.
Wenn andere Schutzmaßnahmen (Sonne vermeiden, Schutz durch Kleidung) nicht möglich oder nicht ausreichend sind, sind Sonnencremes sinnvoll.
Wundschutzcemes für den Windelbereich helfen in vielen Fällen Schlimmeres zu verhindern, wenn sie bei den ersten Anzeichen einer Irritation aufgetragen werden. Manche Eltern schwören auf eine regelmäßige Anwendung von Wundschutzcremes, um Entzündungen im Windelbereich gar nicht entstehen zu lassen.
9) Simpson EL, Berry TM, Brown PA et al. A pilot study of emollient therapy for the primary prevention of atopic dermatitis. J Am Acad Dermatol 2010; 63: 587-93.
Frage 4: Wie kann man einen wunden Po vorbeugen?
Am wichtigsten sind allgemeine Maßnahmen wie häufige Windelwechsel, sanfte Reinigung von Stuhlresten, Trocknen des Windelbereichs vor Anlegen der neuen Windel, wenn möglich Babys ohne Windel strampeln lassen etc. Bei milder Rötung helfen Wundschutzcremes, die meist Zink enthalten und die Haut vor weiterer Reizung schützen.
Liegt dagegen eine echte Windeldermatitis mit hochroter Haut, nässenden Stellen und/oder entzündlichen Stellen an Bauch und Oberschenkel vor, sind meist medizinische Pasten, Cremes oder Lösungen mit antientzündlichen und desinfizierenden Wirkstoffen zur Behandlung notwendig. Diese erhalten Sie von Ihrem Kinder- oder Hautarzt.
Frage 5: Wie erkenne ich trockene Haut? Wie erkenne ich Neurodermitis? Was kann ich tun?
Trockene Haut erkennt man bei Säuglingen häufig schon im Gesicht. Die Haut ist rauer als üblich und schuppt. Ist der ganze Körper betroffen, bleibt der Windelbereich typischerweise ausgespart. Auch die Neurodermitis zeigt sich im Säuglingsalter meistens zuerst im Gesicht, viele Kinder haben dann Ekzeme (auch: Juckflechte, eine meist rötliche Entzündungsreaktion der Haut häufig verbunden mit Juckreiz) auf den Wangen, es können aber auch andere Körperstellen (mit Ausnahme des Windelbereichs) von trockenen oder entzündeten Stellen betroffen sein. Regelmäßiges Eincremen und Baden mit rückfettenden Zusätzen wie Ölbädern (Vorsicht: die Kinder werden dabei sehr glitschig und schlecht zu halten) hilft der Haut, mehr Feuchtigkeit und Fette aufzunehmen. Außerdem sollten irritierende Faktoren wie Wollfasern auf der Haut, reibende Wäscheschildchen oder Nähte und Chlorwasser vermieden werden.
Spätestens, wenn die Kinder anfangen zu kratzen oder zu reiben oder schlecht schlafen, sollte eine ärztliche Beratung und Behandlung erfolgen.