
Montessori-Pädagogik im Alltag – spielerisch eigenständig entwickeln
“Hilf mir, es selbst zu tun!” So lautet das bekannte Credo der Montessori-Pädagogik, die vor allem die Selbstständigkeit und Entfaltung des Kindes in den Mittelpunkt stellt. Statt starre Lern- und Entwicklungspläne vorzugeben, zielt die Montessori-Pädagogik darauf ab, das individuelle Potential und das Tempo des Kindes zu unterstützen. Damit versteht sich Montessori als ein Kind-zentrierter Lernansatz. Erfahren Sie mehr über den Bildungsansatz von Maria Montessori.
7 Grundprinzipien der Montessori-Pädagogik
Die Montessori-Pädagogik wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Maria Montessori entwickelt. Ziel der Montessori-Pädagogik ist ein ganzheitlicher Bildungsansatz. Maria Montessoris Überzeugung: Kinder sind von Natur aus neugierig und haben das Bedürfnis zu lernen.
Folgende Prinzipien stehen im Mittelpunkt der Montessori-Pädagogik:
1. Das Kind steht im Mittelpunkt des Lernprozesses.
Jedes Kind ist einzigartig und hat eigene Interessen, Fähigkeiten und eine individuelle Lerngeschwindigkeit. Lehrpersonen und Eltern verstehen sich selbst eher als Beobachter und Begleiter, statt eine traditionelle Autorität zu verkörpern.
2. Das Lernumfeld wird den Bedürfnissen des Kindes angepasst.
Das bedeutet zum Beispiel: Materialien werden so angeordnet, dass sie leicht zugänglich sind. Dadurch sollen die Kinder dazu ermutigt werden, selbstständig Dinge auszuprobieren und zu experimentieren. Eine ansprechende und anregende Umgebung ist hierfür besonders wichtig. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Alltagsgegenstände auf Höhe der Kinder und damit leicht zugänglich untergebracht werden. So können alltägliche Abläufe, wie Zähneputzen oder Haare kämmen, vom Kind eigenständig entdeckt und etabliert werden.
3. Kinder steuern ihren Lernprozess selbst.
Ein wesentlicher Bestandteil der Montessori-Pädagogik ist die Freiheit der Kinder, ihre Aktivitäten selbst auszuwählen, in ihrem eigenen Tempo zu lernen und die Welt spielerisch zu entdecken. Dadurch werden die intrinsische Motivation und das eigenverantwortliche Lernen gefördert. Dabei entscheiden die Kinder selbst, welche Materialien sie verwenden möchten und wie lange sie sich mit einer bestimmten Aufgabe beschäftigen wollen.
4. Kinder lernen durch Sinneserfahrungen.
Montessori-Materialien sind speziell entwickelt worden, um den Kindern sinnliche Erfahrungen zu ermöglichen. Die Idee ist: Lernerfahrungen prägen sich besonders dann ein, wenn möglichst alle Sinne angesprochen werden. Kinder sollen zum Beispiel durch Fühlen, Hören und Sehen auch abstrakte Konzepte verstehen und ins praktische Tun überführen können.
5. Altersgemischte Gruppen fördern den Lernprozess.
In Montessori-Einrichtungen lernen Kinder unterschiedlichen Alters zusammen. Das altersgemischte Lernen fördert soziale Interaktionen und ermöglicht es älteren Kindern, jüngeren beim Lernen zu helfen, was das Gemeinschaftsgefühl stärkt. Auch festigt sich Gelerntes durch die gegenseitige Hilfe noch einmal besser.
6. Alltägliche Lebenskompetenzen stehen im Mittelpunkt.
Neben akademischen Fähigkeiten spielen praktische Lebenskompetenzen eine große Rolle in der Montessori-Pädagogik. Dazu gehören alltägliche Dinge wie Selbstpflege, Haushaltsführung und soziale Fähigkeiten.
7. Das Kind verdient Respekt.
Ein zentrales Prinzip der Montessori-Pädagogik ist der Respekt vor dem Kind als Individuum. Eltern, Erzieher und Lehrkräfte fördern eine positive Beziehung zu den Kindern und unterstützen deren Selbstwertgefühl.
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Montessori im Familienalltag – Die besten Tipps
Gerade im stressigen Familienalltag ist es nicht immer einfach, Tagesabläufe den individuellen Wünschen und Bedürfnissen des Kindes anzupassen. Feste Arbeitszeiten, vorgegebene Bring- und Abholzeiten in der Kita, der Haushalt, der erledigt werden will – es gibt zahlreiche Faktoren, die es Familien erschweren, der Neugier und den Entdecker-Impulsen des Kindes zu folgen. Trotzdem gibt es zahlreiche Ideen, wie Eltern die Prinzipien der Montessori-Pädagogik im Alltag umsetzen können.
- Kleidung in offenen Fächern und an Haken oder auf Bügeln aufbewahren, die auf Kopfhöhe des Kindes angebracht sind. Statt Kleidung in den Schubfächern oder Regalen klassischer Schränke zu “verstecken”, fördert die fürs Kind gut zu erreichende Aufbewahrung der Kleidung das selbstständige An- und Umziehen. Wenn das Kind sich seine Kleidung selbst aussuchen und eigenständig erreichen kann, ist es viel motivierter, sich morgens für den Tag anzukleiden oder abends in den Schlafanzug zu wechseln.
- Kindgerechte Waschtische mit vielen Möglichkeiten zum Entdecken einrichten. Gerade um das Zähneputzen gibt es in vielen Familien Diskussionen, die durchaus auch mit Tränen einhergehen. Der Kind-zentrierte Ansatz der Montessori-Pädagogik kann hier helfen, mehr Harmonie in das Familienleben zu bringen. Wenn Ihr Kind sich selbst im Spiegel sehen kann, selbst die Zahnbürste erreicht und auch das Wasser eigenständig ein- und ausschalten kann, wird aus der alltäglichen Pflicht schnell ein verspieltes Abenteuer, das mit Freude und Leichtigkeit verknüpft ist, statt mit Druck und Streitigkeiten.
- Ein ausgewähltes Spielzeugangebot zugänglich anbieten statt mit Masse zu überfordern. Den neugierigen Entdecker-Drang Ihres Kindes zu fördern gehört zu den elementaren Grundprinzipien der Montessori-Pädagogik. Das gelingt umso besser, wenn Ihr Kind immer nur eine überschaubare Menge an Spielzeug vorfindet und dieses dafür frei zugänglich ist. Dinge, die gerade nur ungern bespielt werden, können in verschlossenen Kisten oder Körben verschwinden. Um immer wieder neue Impulse zu setzen, tauschen Sie das verfügbare Spielzeug regelmäßig durch Dinge aus den verschlossenen Kisten aus.
- Lassen Sie Ihr Kind mithelfen. Die Lebenskompetenz ist in der Montessori-Pädagogik ein großer Schwerpunkt. Alltägliche Kompetenzen erlangt Ihr Kind am besten durch das Ausprobieren. Lassen Sie Ihr Kind also bei alltäglichen Aufgaben mithelfen. Egal ob es Tisch decken oder abräumen, das Auffegen von Schmutz oder die Zubereitung von Mahlzeiten ist – binden Sie Ihr Kind altersgerecht ein. So unterstützen Sie kindliche Lernprozesse, ohne starre Strukturen zu schaffen.
- Fördern Sie die Neugier Ihres Kindes! Besonders dann, wenn Kinder in dem Alter angekommen sind, in dem jede Frage mit dem Wort “Warum?” anfängt, bietet sich eine gute Gelegenheit, die Lernprinzipien der Montessori-Pädagogik in Ihren Alltag zu integrieren. “Warum ist der Himmel blau?”, “Warum beschlagen im Winter die Fenster?”, “Warum verlieren die Bäume ihre Blätter?” – All das sind Einladungen, mit den Kindern zusammen genau diese Fragen zu ergründen. Mit Hilfe von Büchern aus der Bibliothek, Streifzügen durch den Wald und auch anhand von Videos verschiedener Bildungsformate können Sie die aktuellen Interessen Ihres Kindes ergründen und damit das durch Neugier gesteuerte Lernen unterstützen.
- Entdecken Sie gemeinsam mit Ihrem Kind die Natur! Haptische Lernerfahrungen lassen sich am besten im Freien machen. Wie unterscheidet sich das Gefühl von Sand in der Hand von dem Gefühl von Matsch zwischen den Fingern? Warum ist Moos so weich und wie fühlt sich die Rinde eines Baumes an? Die Neugier Ihres Kindes lässt sich am besten stillen, indem Sie Ihrem Sprössling erlauben, sich mit allen Sinnen in die Natur zu stürzen – natürlich immer unter Berücksichtigung der Sicherheit.

Wie viel Unterstützung brauchen Kinder bei den Aktivitäten nach Montessori?
Wie viel Unterstützung Ihr Kind bei Montessori-Aktivitäten benötigt, hängt sehr vom Alter, dem Entwicklungsstand und den individuellen Bedürfnissen ab. Denkbar sind folgende Rahmenbedingungen:
Montessori bei Babys und Kleinkindern (0 - 3 Jahre)
In den Anfangsjahren der kindlichen Entwicklung ist es wichtig, eine sichere und anregende Umgebung zu schaffen. Achten Sie darauf, was das Kind interessiert und welche Aktivitäten es anzieht. Durch positive Rückmeldungen können Sie Ihr Kind ermutigen, neue Dinge auszuprobieren. Auch altersangemessene Materialien erleichtern es dem Kind, die Motivation für den Lernprozess aufrechtzuerhalten.
Montessori bei Kindergarten- und Vorschulkindern (3 - 5 Jahre)
Ab 3 Jahren beginnen Kinder, selbstständiger zu werden. Ab sofort sollte sich die Unterstützung darauf konzentrieren, Ihrem Kind die Freiheit zu geben, seine Interessen zu verfolgen. Lassen Sie Ihr Kind selbstständig arbeiten und experimentieren. Stellen Sie Fragen, die das Kind zum Nachdenken anregen und bieten Sie verschiedene Materialien an. Das Experimentieren mit Wolle, Filz, Sand, Steinen und selbst gebauten „Activity Boards“ regt den kindlichen Lernprozess an.
Montessori bei Grundschulkindern (5 - 7 Jahre)
Ab einem Alter von 5 Jahren können Sie Ihr Kind dazu ermutigen, Probleme selbst zu lösen und eigene Entscheidungen zu treffen. Konstruktives Feedback auf die Arbeit des Kindes stärkt die Selbstwirksamkeit. Die Kritik sollte das Kind aber weder überfordern noch niederdrücken.
Montessori bei Schulkindern (ab 6 Jahren)
Ab dem Schulalter rückt das selbstgesteuerte Lernen fest in den Fokus. Ihre Rolle ist es, gelegentlich Anleitung oder Rat anzubieten, wenn das Kind auf Herausforderungen stößt. Sie sollten Ihr Kind außerdem ermutigen, über seine Lernprozesse nachzudenken und sich eigene Ziele zu setzen.
Das kindgerechte Kinderzimmer nach Montessori einrichten

Das Credo “Hilf mir, es selbst zu tun!” sollte sich auch in der Einrichtung des Kinderzimmers widerspiegeln. Folgende Einrichtungsprinzipien bzw. Möbel im Kinderzimmer unterstützen Sie im Familienalltag, Ihr Kind zu Selbstständigkeit zu erziehen.
1. Schlafen im niedrigen Bett
Ein niedriges Bett ermöglicht es dem Kind, selbstständig ein- und auszusteigen. Das fördert die Unabhängigkeit. Ein sogenanntes Hausbett, nach den Montessori-Prinzipien entworfen, sorgt nicht nur für ein einfaches Aufstehen und Zubettgehen, sondern wirkt auch gemütlich und optisch ansprechend.
2. Offene Regale
Offene Regale in Kinderhöhe bieten einfachen Zugang zu Spielzeug und Montessori-Materialien. So kann Ihr Kind selbst entscheiden, womit es spielen möchte.
3. Kindgerechte Tische und Stühle
Tische und Stühle in der richtigen Höhe ermöglichen es dem Kind, sie eigenständig zu nutzen, bequem zu sitzen und sich selbstständig für Aktivitäten zu entscheiden. Tische und Stühle sollten stabil, aber leicht zu bewegen sein.
4. Kreativbereich
Fördern Sie die künstlerische Entfaltung durch einen Bereich mit Malutensilien, Bastelmaterialien und anderen kreativen Werkzeugen.
5. Praktische Lebensfertigkeiten spielerisch unterstützen
Eine kleine Küchenzeile oder ein Spielküchenbereich ermöglicht es Kindern, einfache Kochaktivitäten durchzuführen. So lässt sich Alltag spielerisch üben. Ein Waschbecken in Kinderhöhe hilft, die Selbstständigkeit bei der Körperpflege zu fördern.
6. Spiegel
Ein großer Spiegel auf Augenhöhe des Kindes fördert die Selbstwahrnehmung. Auch kann dieser bei der Entwicklung von motorischen Fähigkeiten helfen (z.B. beim Ankleiden).
7. Ruhige Leseecke
Eine gemütliche Leseecke mit Kissen oder einer kleinen Couch bietet einen Rückzugsort für ruhige Aktivitäten und lädt zum Lesen oder Entspannen ein.
8. Bewegungsraum
Auch Platz für Bewegungsaktivitäten wie Klettern oder Balancieren sollte sein. Eine kleine Rutsche oder ein Wackelbrett fördern die körperliche Entwicklung.
Montessori fördert die motorische und sozial-emotionale Entwicklung

Die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen und Aktivitäten selbstständig zu wählen, unterstützt Ihr Kind dabei, ein gesundes Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln. Ihr Kind lernt, die Konsequenzen seiner Handlungen zu verstehen und respektvoll mit anderen umzugehen. Auch die Selbstregulation wird durch die Montessori-Pädagogik trainiert.
Das liegt auch daran, dass Montessori großen Wert auf respektvolle Kommunikation legt. Der rücksichtsvolle Umgang mit anderen ist einer der Grundwerte der Montessori-Pädagogik. Das führt dazu, dass Ihr Kind früh lernt, seine Emotionen angemessen wahrzunehmen und altersgerecht zu artikulieren. In einer Montessori-Umgebung werden Kinder ermutigt, Konflikte selbstständig zu lösen. Erwachsene Bezugspersonen fungieren hier eher als Mediatoren und unterstützen die Kinder dabei, Lösungen zu finden, anstatt Lösungsansätze vorzugeben. Dies fördert nicht nur die Konfliktfähigkeit, sondern auch die Problemlösungsfähigkeiten der Kinder und hilft ihnen, konstruktiv mit Meinungsverschiedenheiten umzugehen.
Im Kontext von Kita und Schule setzt die Montessori-Pädagogik auf Kooperation. Kinder unterschiedlichen Alters arbeiten zusammen. Dies stärkt Fähigkeiten wie Teamarbeit, Kommunikation und Konfliktlösungskompetenzen. Kinder lernen in der Montessori-Pädagogik, ihre Ideen auszutauschen, zuzuhören und Kompromisse einzugehen.
Montessori-Aktivitäten beinhalten oft praktische Lebensfertigkeiten wie Kochen, Putzen oder Gartenarbeit. Damit bereiten Sie Ihr Kind optimal auf den Alltag vor. Auch lernt Ihr Kind so, die familiäre Fürsorgearbeit als Teamwork zu verstehen.
Darüber hinaus bringt Montessori auch eine große Palette an motorischer Förderung mit. Im Fokus der Lernerfahrung steht das Ausprobieren und Entdecken von verschiedenen Formen, Farben und Größen. Das verbessert unter anderem ihre Hand-Augen-Koordination.
Aktivitäten wie das Schneiden von Obst, das Gießen von Wasser oder das Falten von Tüchern erfordern präzise Bewegungen und stärken die Fingerfertigkeit. Viele Aktivitätsideen von Montessori umfassen Fähigkeiten wie Schneiden, Kleben und Malen. Auch Bau- und Konstruktionsspiele, also das Zusammenbauen von Bausteinen oder anderen Konstruktionsmaterialien, erfordern präzise Handbewegungen und unterstützen Ihr Kind bei der Ausbildung der Motorik.
Kritik an der Montessori-Pädagogik
Einige Kritiker argumentieren, dass die Montessori-Methode zu wenig Struktur bietet. In traditionellen Bildungssystemen gibt es oft einen klaren Lehrplan und feste Unterrichtszeiten, während Montessori-Klassenräume den Kindern mehr Freiheit lassen, ihre Aktivitäten selbst zu wählen. Dies kann für manche Kinder, insbesondere für solche, die klare Anweisungen und Struktur benötigen, herausfordernd sein.
Auch kann die Montessori-Pädagogik durchaus kostenintensiv sein. Spielzeuge aus Naturmaterialien sind häufig sehr teuer, auch erfordern die Einrichtungsprinzipien für einen kindgerechten Alltag sehr viel Wohnraum, den sich Familien erst einmal leisten können müssen. Montessori-Schulen können oft teurer sein als öffentliche Schulen oder traditionelle Bildungseinrichtungen. Dies schränkt die Zugänglichkeit für Familien mit geringem Einkommen ein und führt dazu, dass wenig Vielfalt in Montessori-Kitas und Montessori-Schulen vorherrscht.
Obwohl Anhänger der Montessori-Pädagogik oft auf die positiven Ergebnisse von Studien verweisen, gibt es Kritik an der wissenschaftlichen Evidenz dieser Studien. Einige Fachleute fordern eingehendere, repräsentative Studien und Vergleiche mit traditionellen Bildungsansätzen.
Nicht zuletzt steht die Schöpferin, Maria Montessori, in Kritik. Diese soll zu ihrer Zeit durch antisemitische, behindertenfeindliche und rassistische Ressentiments aufgefallen sein, die sich auch in ihrem bekanntesten Werk, der „Antropologia Pedagogica“ finden. Einige Montessori-Einrichtungen vertreten heutzutage die stark vorgegebene Pädagogik Montessoris nicht mehr in ihrer Ursprungsform. Vielmehr setzen sie nur einige, aber nicht alle Ideen Montessoris im Schul- oder Kindergartenalltag um. Daher kann eine Montessori-Einrichtung trotz der Überzeugungen ihres Namensgebers eine gute Schule oder ein guter Kindergarten sein.